Weihnachtsgrüße . . .


Es treibt der Wind im Winterwalde_ABJ5975_web

die Flockenherde wie ein Hirt,

und manche Tanne ahnt, wie balde

sie fromm und lichterheilig wird,

und lauscht hinaus. Den weißen Wegen

steckt sie die Zweige hin – bereit,

und wehrt dem Wind und wächst entgegen

der einen Nacht der Herrlichkeit.

 

Rainer Maria Rilke

Weihnachtsgrüße …

Von drauß‘ vom Walde komm‘ ich her;

Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!

Allüberall auf den Tannenspitzen

sah ich goldene Lichtlein sitzen;

Und droben aus dem Himmelstor

sah mit großen Augen das Christkind hervor,

und wie ich so strolcht‘ durch den finstern Tann,

da rief’s mich mit heller Stimme an:

„Knecht Ruprecht“ , rief es, „alter Gesell,

hebe die Beine und spute dich schnell!

Die Kerzen fangen zu brennen an,

das Himmelstor ist aufgetan,

Alt‘ und Junge sollen nun

von der Jagd des Lebens ruhn;

Und morgen flieg‘ ich hinab zur Erden,

denn es soll wieder Weihnachten werden!“

 

Theodor Storm